Vom Schulabschluss zur beruflichen Entwicklung
Einleitung
Nachdem ich die obligatorische Schullaufbahn erfolgreich abgeschlossen hatte, betrat ich das 10. Schuljahr an der BFF in Bern mit einem klaren Ziel vor Augen: Ich wollte Elektromonteur werden. Die Suche nach einer Lehrstelle verlief vergleichsweise glatt, und so begann ich meine berufliche Reise. Doch schon bald wurde mir bewusst, dass das Erwachsenenleben und die Arbeitswelt eine völlig neue Realität darstellten, die alles andere als problemlos und geschützt war. Die Herausforderungen, auf die ich traf, zwangen mich dazu, mich selbst neu zu definieren und mich an Veränderungen anzupassen, die ich nie erwartet hatte.
BFF Abschlussbandcontest-Gewinner mit der Band “Sans Doute”.
Eine schmerzhafte Wendung
Nach nur sechs Monaten musste ich meine Ausbildung zum Elektromonteur abbrechen. Der Verlust meiner geliebten Grossmutter traf mich tief und stürzte mich in eine Welle der Trauer, die meine Fähigkeit, durchzuhalten, stark beeinträchtigte. In dieser schwierigen Zeit fehlte mir leider die angemessene Unterstützung, um mit meinen Emotionen umzugehen, und ich hatte keine Werkzeuge, um den Schmerz zu bewältigen. Als jemand, dessen soziale Bindungen bereits zuvor instabil waren, wurde dieser Verlust zu einer enormen Herausforderung, mit der ich umgehen musste.
Ein neuer Lebensabschnitt
Kurz zuvor hatte ich von der Wohngruppe "Dschungel" zur Wohngruppe "LaVista" gewechselt. Obwohl "Dschungel" (Kinder- und Jugend-Wohngruppe) mein Zuhause war, war es notwendig geworden, eine Entscheidung zu treffen, die sich im Nachhinein als problematisch herausstellte. Der Wechsel brachte mich in eine Gruppe von Jugendlichen im Alter von 16 Jahren und älter, was mit mehr Freiheiten und Verantwortung einherging. Doch die neuen Strukturen und Ansichten der Betreuer stellten mein Leben auf den Kopf. Da ich allein mit der Verarbeitung des Todesereignisses umgehen musste, begann ich daraufhin eine neue Richtung einzuschlagen...
Ein neuer Weg
Nach einer Phase der Selbstreflexion und Trauer entschied ich mich, eine Lehre als Detailhandelsfachmann im Bereich Unterhaltungselektronik zu beginnen. Ich wollte vor allem meine Sozialkompetenzen stärken und mit Technik arbeiten. Ich trat in einem Familienbetrieb ein, der sich damals auf dem Gebiet der hochpreisigen Unterhaltungselektronik spezialisierte. Mein Hauptziel vom Lehrbetrieb im ersten Lehrjahr war es, einen Notendurchschnitt von 4,8 zu erreichen. Während meiner Zeit dort erhielt ich viel positives Feedback für meine Arbeitsleistung. Doch ich vernachlässigte mein äusseres Erscheinungsbild, trug lange Haare und kleidete mich im privaten mit zerrissener Kleidung. Diese persönliche Darstellung fand nicht Anklang. Trotz eines Durchschnitts von 4,5 wurden nach wiederholten schriftlichen Ermahnungen die Lehraufsichtsbehörden eingeschaltet, weil ich den geforderten Schnitt von 4.8 nicht erreichte und mein äussers Erscheinungsbild nicht “tragbar” war. Eine weitere Verwarnung würde zur Beendigung des Lehrvertrags führen – und genau das geschah letztendlich.
Herausforderungen und Veränderungen
In den folgenden zwei Jahren meiner Lehrzeit fand ich Zuflucht bei Melectronics im Shoppyland Schönbühl. Die vergangenen Ereignisse haben mir bereits zugesetzt und Parallel dazu zog ich mit 18 Jahren aus dem Heim aus, da ich mich dort nicht mehr wohl und verstanden fühlte. Diese Veränderung brachte neue Herausforderungen mit sich. Der Wechsel zu einer Wohngemeinschaft hatte einen negativen Einfluss auf meine Zuverlässigkeit und meinen Lebensstil. Der Konsum von Cannabis und exzessives Videospielen führten dazu, dass ich Schwierigkeiten hatte, morgens aufzustehen und meine Verpflichtungen zu erfüllen. Abschliessend erfolgte seitens sowohl der Berufsschule als auch des Lehrbetriebs eine Entlassung drei Monate vor Abschluss meiner Lehre aufgrund meiner wiederholten Unpünktlichkeit.
Abschluss und Blick in die Zukunft
Trotz dieser Schwierigkeiten konnte ich meine Lehre mit einer Gesamtnote von 4,3 abschliessen, wobei meine praktische Note 5,8 betrug. Der Konsum von Cannabis und das Spielen von Videospielen boten damals scheinbare Fluchten vor meinen Problemen. Aber letztendlich wurde mir klar, dass ich mich meinen individuellen Herausforderungen stellen musste. Meine Geschichte ist von Veränderungen, Rückschlägen und persönlichem Wachstum geprägt. Ich habe gelernt, dass das Erwachsenenleben nicht immer einfach ist, aber ich habe mich auf den Weg gemacht, mich selbst besser zu verstehen und an meinen Herausforderungen zu wachsen.
Reflexion und persönliche Gedanken
Rückblickend erkenne ich frühere Ausbildungswege und kulturelle Gegebenheiten an. Im Jahr 2007 war die Welt noch nicht bereit für Menschen, die sich nicht in eine vorgegebene Form pressen lassen wollten. Glücklicherweise hat sich die Gesellschaft weiterentwickelt und begonnen, in mehrdimensionalen Mustern zu denken.
Dennoch möchte ich die Vorgehensweise kritisieren, einen jungen Menschen, der friedlich und freundlich ist, gute Arbeitsleistungen erbringt so stark auf sein Äusseres zu reduzieren. Die Verwendung von Schulnoten als Indikator, um die tatsächliche Leistung eines Lernenden zu beurteilen, basierte meiner Meinung nach nicht auf fortschrittlichem Denken und einer fördernden Ausbildungskultur. Die Problematiken in meinen damaligen Lehrbetrieben betraf meine Körperausdünstungen, die selbst mit ausreichender Körperpflege und Deodorant schwierig zu bewältigen waren, und meine gelegentlichen Verspätungen. Der Umstand, dass die Verantwortlichen nicht in der Lage waren, dieses Anliegen mit angemessener Sensibilität und Aufmerksamkeit anzugehen, sondern es stattdessen als betriebliches Ziel behandelt haben, erscheint aus meiner Perspektive aufgrund von Fehlmanagement und einem Mangel an geeigneten Werkzeugen problematisch. In diesem Kontext gewinnt die Bereitstellung angemessener Instrumente für die persönliche Entwicklung junger Menschen an erheblicher Bedeutung. Es ist von essentieller Wichtigkeit, Plattformen zur Verfügung zu stellen, die Raum für die Auseinandersetzung mit Fehlverhalten und Weiterentwicklung bieten. Das Gegenteil ist der Fall, wenn der Ansatz darin besteht, Individuen in vorgefertigte Formen zu zwingen, anstatt ihre individuellen Stärken zu erkennen und zu fördern.